Das neue NachweisWAS?

Veröffentlicht am 14.04.2023

Das neue Nachweisgesetz trat am 1. August 2022 in Kraft und kann Auswirkungen auf bestehende Arbeitsverträge mit sich bringen. Es beinhaltet insbesondere Änderungen in Bezug auf den Inhalt der Arbeitsverträge sowie die Pflichten von Arbeitgeber*innen im Hinblick auf die Bereitstellung von Arbeitsunterlagen. Zusammengefasst regelt das Nachweisgesetz die Verpflichtung der Arbeitgeber*innen, die Arbeitnehmer*innen über ihre wesentlichen Vertragsbedingungen ihrer Arbeitsverhältnisse schriftlich zu informieren. Das bereits seit 1995 in Deutschland existierende Nachweisgesetz wurde nach den Vorgaben einer EU-Richtlinie von 2019 überarbeitet und neu gefasst. Diese Richtlinie soll die Arbeitsbedingungen verbessern und eine transparente Beschäftigung sicherstellen. Die Umsetzung erfolgt über den Arbeitgebenden und dessen Unterrichtungspflichten, die im Nachweisgesetz bereits geregelt sind, nun aber erweitert werden. Regelmäßig wurden in der Praxis die Informationspflichten nach dem Nachweisgesetz mit einem schriftlich ausgehändigten Arbeitsvertrag abgegolten. 

Nun versprechen die Festlegung von Mindestanforderungen an die Arbeitsbedingungen in Bezug auf die Höchstdauer einer Probezeit, das Kündigungsverfahren, die Mehrfachbeschäftigung, die Mindestvorhersehbarkeit der Arbeitsbedingungen und vor allen Dingen die schriftliche Angabe der Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts zumindest auf den ersten Blick eine Flut an action lines und Kopfzerbrechen.

Teamarbeit bei der Dokumentenprüfung im Büro

Was müssen Arbeitgeber*innen also nun alles schriftlich angeben, um den Änderungen aus dem Nachweisgesetz nach § 2 NachwG genüge zu tun? 

  • Die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind, und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung,
  • Die Dauer der Probezeit; bei einem befristeten Arbeitsverhältnis, muss diese zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit in einem angemessenen Verhältnis stehen,
  • Die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen,
  • Sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen,
  • Bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage; § 7 des Kündigungsschutzgesetzes ist auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden.

Quelle: [1]

Verstoßen Arbeitgeber*innen ab 01. August 2022 gegen diese Pflichten aus dem Nachweisgesetz, droht ein Bußgeld: Dieses ist in § 4 NachwG n.F. geregelt. Nach dieser Regelung stellt der Verstoß eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 2.000,00 € sanktioniert werden kann. 

Und wie können wir das ganze nun umsetzen?

Hier bestehen zwei Möglichkeiten: Arbeitgeber*innen können entweder bestehende Arbeitsverträge ergänzen und diese unterschreiben oder sie setzen einen sogenannten "side letter" auf und reichen diesen zusammen mit dem Arbeitsvertrag an einzustellende Personen weiter. Auch Mitarbeiter*innen, die schon länger Eurem Unternehmen angehören, können diese Konkretisierung ihrer Arbeitsbedingungen fordern.

Ergänzung bestehender Arbeitsverträge

Eine Möglichkeit besteht darin, vorhandene Arbeitsverträge und Dokumente zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren, um sicherzustellen, dass sie den Anforderungen des neuen Gesetzes entsprechen.
Zudem müssen Arbeitgeber*innen sicherstellen, dass alle Arbeitsunterlagen gut zugänglich sind und auf Anfrage schnell bereitgestellt werden können. Eine Möglichkeit besteht hierbei in der Digitalisierung von Dokumenten und der Bereitstellung einer zentralen Plattform, auf der Arbeitnehmer*innen alle erforderlichen Dokumente einsehen und herunterladen können. Zwar unterliegt der Arbeitsvertrag selbst grundsätzlich der Formfreiheit, wenn Ihr den Arbeitsvertrag allerdings gleichzeitig für die Nutzung der Konkretisierung der Arbeitsbedingungen benutzt, schließt § 2 Abs. 1 Satz 3 Nachweisgesetz die elektronische Form explizit aus. Hier müsst Ihr demnach sicherstellen, dass Ihr den Arbeitsvertrag sozusagen mit "nasser Tinte" unterschreibt und aushändigt.  

§ 2 Abs. 4 NachwG bestimmt, dass wenn dem/der Arbeitnehmer*in ein schriftlicher Arbeitsvertrag ausgehändigt worden ist, die Verpflichtung zur Mitteilung der wesentlichen Vertragsbedingungen entfällt, soweit der Vertrag die entsprechend geforderten Angaben enthält. Festzustellen ist, dass dies ein Rückschritt für die Unternehmen bedeutet, die ihre Arbeitsverträge bereits nur noch in digitaler Form versenden - anderseits kann man hiermit den Arbeitsvertrag und die Änderungen des Nachweisgesetzes in "einem Wisch" unterbringen und muss nicht mehrere Anlagen benutzen. 

Bereitstellung eines side letters 

Eine weitere Möglichkeit um der Umsetzung des neuen Nachweisgesetzes genüge zutun besteht darin, einen sogenannten "side letter" oder auch eine Zusatzvereinbarung / Informationsblatt aufzusetzen und nur dieses als Arbeitgeber*in zu unterschreiben. Wenn man den Arbeitsvertrag nicht unnötig verlängern möchte und auch nicht den digitalen Prozess wieder in einen analogen verwandeln möchte, könnte das eine passende Alternative für Euch sein. Lasst Euch hier den Erhalt der zusätzlichen Vereinbarung aber unbedingt bestätigen - Hier reicht auch dann auch die Textform (also eine Mail o.Ä.) - denn nach dem Nachweisgesetz muss lediglich der/die Arbeitgeber*in unterschreiben.

Wir finden, dass die Konkretisierung der Informationspflichten aus dem neuen Nachweisgesetz einen Rückschritt in puncto Digitalisierung des HR bedeutet. Auch in Sachen Nachhaltigkeit stehen analog ausgedruckte Verträge oder Informationsblätter im Kontrast dazu, bürokratische Belastungen für Unternehmen zu reduzieren. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen könnten Schwierigkeiten haben, die Anforderungen des Gesetzes zu erfüllen und müssen nun zusätzliche Ressourcen zur Umsetzung aufzuwenden. Zudem könnte es zu einer Überlastung der Arbeitsgerichte kommen, wenn Arbeitnehmer*innen ihre Ansprüche aufgrund mangelnder Nachweise geltend machen. Gleichwohl sollen Arbeitnehmer*innen im Zuge des strukturellen Ungleichgewichts gegenüber den Arbeitgeber*innen mehr Transparenz und Klarheit über ihre Arbeitsbedingungen erhalten - was de facto zu verbesserten Arbeitsbedingungen führen kann. Wir sind gespannt, wie sich die Gerichte in Zukunft entscheiden werden. 

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