Die eAU kommt!

Veröffentlicht am 14.12.2021

Keine Krankheits-Flaschenpost mehr an HR! Oder doch?

Nachdem die ursprünglich zum 01.01.2021 geplante Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) verschoben wurde, steht die Einführung zum 01.07.2022 nun fest. Mit der Einführung sollen die jährlich ca. 97 Mio. papierhaft bescheinigten Arbeitsunfähigkeiten und Krankenhausmeldungen deutlich vereinfacht werden.

Flasche treibt im Wasser neben Fisch und Möwe im Flug

Bereits zum 01.01.2022 müssen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen durch die Ärzte digital an die Krankenkassen übermittelt werden. 
Ab dem 01.07.2022 werden dann auch die ArbeitgeberInnen (verpflichtend!) in das elektronische Verfahren eingebunden.

Von der Digitalisierung des Prozesses erhofft man sich folgende Vorteile:

  • die Zustellung der Arbeitsunfähigkeitsmeldung wird sicherer und schneller
  • für Versicherte entfällt die Pflicht, die Arbeitsunfähigkeitsmeldung beim Arbeitgeber und der Krankenkasse einzureichen
  • Medienbrüche und Erstellungs- sowie Übermittlungskosten werden reduziert
  • die lückenlose Dokumentation bei den Krankenkassen wird sichergestellt, wodurch beispielsweise eine korrekte Ermittlung von Entgeltersatzleistungen oder Vorerkrankungszeiten gesichert wird

Die Teilnehmende am neuen eAU Verfahren sind:

  • Ärzte mit Kassenzulassung
  • Krankenhäuser im Rahmen der Aufnahme oder des Entlassmanagements
  • Kur-Kliniken, sofern die Leistung durch die Krankenkasse gezahlt wird
  • Alle gesetzlich Krankenversicherten und deren Arbeitgeber

Einige Gruppen nehmen jedoch nicht am eAU-Verfahren teil:

  • Privatärzte
  • Ärzte im Ausland
  • Physiotherapierende
  • Psychotherapierende
  • Reha-Kliniken, sofern die Leistungen durch die Unfallversicherung oder die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt werden
  • Privatversicherte
  • Kinder von gesetzlich Krankenversicherten, deren Eltern die Betreuung übernehmen ("Kind krank")

Wie sieht der neue Prozess generell und konkret in SAP aus?

Der generelle neue eAU-Prozess soll wie folgt aussehen, wobei die Schritte 1 und 2 auch vertauscht sein können:

  1. MitarbeiterIn meldet sich beim arbeitgebenden Unternehmen arbeitsunfähig
  2. MitarbeiterIn geht zum Arzt und wird arbeitsunfähig geschrieben
  3. Arzt übermittelt Arbeitsunfähigkeit an Krankenkasse
  4. Das arbeitgebende Unternehmen kann eAU am Folgetag bei Krankenkasse anfragen (Achtung: Krankenkasse übermitteln die Meldungen nicht proaktiv an die Führungskraft)

Neu ist mit der Gesetzesänderung auch, dass die Beschäftigten ihren arbeitgebenden Unternehmen zwar weiterhin über die Arbeitsunfähigkeit unterrichten, jedoch keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mehr vorlegen müssen (§ 5 Abs. 1a Satz 1 EntgFG). PatientInnen erhalten vom Arzt lediglich noch eine Bescheinigung für sich persönlich. 

Die SAP hat sich (im Hinweis 3056842) auch bereits über die geplante Umsetzung geäußert. Hier ist für die eAU-Anfragen und -Rückmeldungen eine Umsetzung im Entgeltabrechnungssystem vorgesehen. Der Prozess ist wie folgt geplant:

  1. Nach der Krankmeldung des Beschäftigten wird eine Abwesenheit im Infotyp Abwesenheiten (2001) gepflegt. Dies kann manuell, durch entsprechende ESS/ MSS-Szenarien oder durch Integrationsszenarien in externe Zeitwirtschaftssysteme erfolgen.
  2. Aufgrund der erfassten Abwesenheit stellt das System die eAU-Anfrage bei der Krankenkasse.
  3. Die Krankenkasse beantwortet diese Anfrage.
  4. Die Antwort wird ggf. in die Stammdaten übernommen oder den SachbearbeiterInnen zur manuellen Bearbeitung gegeben.

Grundsätzlich ist das eAU-Verfahren laut SAP ähnlich wie andere SV-Meldeverfahren konzipiert und wird ähnliche Funktionsumfänge haben (Reports zur Meldeerstellung und Einlesen der Rückmeldung, Anbindung an den B2A-Manager, Unterstützung des Notification Tools etc.).
Bezüglich des Infotyps Abwesenheiten (2001) wird es einige Erweiterungen geben, um die verschiedenen Szenarien im Rahmen des eAU-Prozesses abbilden zu können. So wird es voraussichtlich neue Felder für die Anzeige des aktuellen eAU-Status, aber auch direkte Absprungmöglichkeiten in die Meldedaten geben.
Die vorhandenen Abwesenheiten können voraussichtlich weiter verwendet werden. 

Eine komplette Auflistung der geplanten Anpassungen und Funktionen können dem SAP-Hinweis 3056842 entnommen werden. 
Die technische Auslieferung ist mit dem Jahreswechsel-Support-Package 2021/2022 geplant. Hiermit sollen zunächst ausgewählte SAP-Pilotkunden zum 01.01.2021 mit dem Pilotbetrieb starten. Die finale Verfügbarkeit ist dann im Juni 2022 geplant.

Was müssen Arbeitgebende nun beachten?

Für Arbeitgebende bedeutet das neue Verfahren sowohl Änderungen in den betrieblichen Prozessen, aber auch in den vorhandenen Entgeltabrechnungs- und Zeitwirtschaftssystemen.

Damit der eAU-Prozess funktioniert, muss das arbeitgebende Unternehmen die Krankenkassen der Beschäftigten kennen, die bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sind. Dies ist Voraussetzung für den elektronischen Datenaustausch der eAU. Da die tatsächlichen Krankenkassen einiger Personengruppen für Arbeitgebende bisher jedoch nicht relevant waren und lediglich die Einzugsstellen im System hinterlegt waren, müssen diese jetzt ggf. ermittelt und im meldenden System ergänzt werden. Dies betrifft insbesondere:

  • geringfügig beschäftigte ArbeitnehmerInnen
  • WerkstudentInnen
  • PraktikantInnen
  • Freiwillig versicherte Bedienstete (ArbeitnehmerInnen in Beamtenschaft)

Auch wenn das eAU-Verfahren für Arbeitgebende erst zum 01.07.2022 verpflichtend wird, sollen sie schon frühzeitig auf die jeweiligen Personengruppen zugehen, die Informationen zur Krankenkasse einholen und die Stammdaten ergänzen.

Um die Erfassung der Mitarbeiterkrankenkasse zu ermöglichen, wurde der SAP Infotyp Sozialversicherung (0013) mit dem Hinweis 3070713 bereits um ein Feld "Art der Krankenversicherung" erweitert. Dieses wird eingeblendet und ist auszufüllen, wenn aufgrund des KV-Schlüssels nicht erkennbar ist, ob die eingetragene Krankenkasse die tatsächliche Krankenkasse der Arbeitskraft ist. Je nach Art der Krankenversicherung muss dann die gesetzliche Krankenkasse im Feld "Zusatzkasse" eingetragen werden. Sofern diese Angabe fehlt, wird im Meldeverfahren ein Fehler ausgegeben.
Mit der Infotyperweiterung haben Arbeitgebende somit schon heute die Möglichkeit, die fehlenden Krankenkassen in SAP zu hinterlegen.

Im Zuge der Einführung sollten sich Arbeitgebende auch einige grundsätzliche Gedanken zum AU-Prozess machen. Hierzu möchten wir einige Denkanstöße geben:

  • Wie werden die Beschäftigten über das neue Vorgehen informiert?
  • Wie soll die Krankmeldung der Beschäftigten erfolgen, da keine schriftlichen AU-Meldungen mehr eingehen? 
  • Kann der AU-Prozess technisch unterstützt werden oder sind bereits SelfServices im Einsatz? Müssen diese ggf. angepasst werden?
  • Aus welchem System soll der Abruf der eAU erfolgen und erfüllt es die Anforderungen (DEÜV-Zertifizierung)?
  • Müssen betriebliche Regelungen (Betriebsvereinbarungen etc.) angepasst werden?
  • Wie soll der Prozess für Beschäftigte aussehen, die nicht am eAU-Verfahren teilnehmen (z. B. Privatversicherte)?
  • Wie wird mit vorzeitigen "Gesundmeldungen" umgegangen?

Was ändert sich für Beschäftigte?

Ein Ziel der Einführung der eAU war es, den Aufwand für die Beschäftigten zu reduzieren. Bisher müssen Beschäftigte die papierhaften AU-Bescheinigungen an das arbeitgebende Unternehmen und die Krankenkasse weiterleiten. Das soll schrittweise entfallen:

Ab 01.10.2021 können Ärzte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits digital an die Krankenkassen übermitteln. In diesem Fall erhalten PatientInnen nur noch zwei statt der bisherigen drei Papierbescheinigungen, einen für sich selbst, der andere für das arbeitgebende Unternehmen. Die Meldung an die Krankenkasse entfällt somit für PatientInnen. Die Problematik besteht darin, dass das Vorgehen je nach Arzt unterschiedlich sein kann, da die Pflicht zu elektronischen Meldung erst zum 01.01.2022 gilt. Somit sollten PatientInnen im Zweifelsfall fragen, ob der Arzt die AU elektronisch an die Krankenkasse übermittelt oder nicht und die Krankenkassen dann ggf. selbst informieren.

Ab 01.01.2022 wird die elektronische Meldung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arzt an die Krankenkasse verpflichtend.
Auch hier erhält der Patient die 2 Papierbescheinigungen für sich selbst und das  arbeitgebende Unternehmen.

Ab 01.07.2022 wird dann laut Gesetz zusätzlich die digitale Übermittlung der AU von der Krankenkasse an das arbeitgebende Unternehmen verpflichtend. Somit müssen PatientInnen weder dem arbeitgebenden Unternehmen noch der Krankenkasse die Bescheinigung zukommen lassen. Geplant ist, dass auf Wunsch noch eine Bescheinigung für die eigenen Unterlagen der PatientInnen ausgestellt wird.
Aber Achtung: Zwar entfällt die Verpflichtung für ArbeitnehmerInnen, die AU-Bescheinigung beim arbeitgebenden Unternehmen einzureichen, jedoch bleibt die Pflicht, das arbeitgebende Unternehmen über die Arbeitsunfähigkeit zu informieren, unverändert bestehen!

Sonderfall Privatversicherte
Für Privatversicherte gelten die neuen Regelungen nicht. Sie müssen weiterhin ihre AU's an die private Krankenversicherung und das arbeitgebende Unternehmen weiterleiten. 

Sonderfall "Kind krank"
Eltern, die aufgrund der Krankheit des Kindes die Betreuung übernehmen, müssen auch weiterhin ein ärztliches Attest einholen und dieses an das arbeitgebende Unternehmen und die Krankenkasse senden.

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Quellen:

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